Mit dem Filmdebüt DAS MERKWÜRDIGE KÄTZCHEN von Ramon Zürcher beginnen wir unseren kleinen Schwerpunkt anlässlich der 71. Berlinale. Wir präsentieren in den nächsten Wochen im kino3 ältere Werke von Regisseur*innen, die auf der diesjährigen Berlinale mit ihren aktuellen Beiträgen vertreten sind. So auch Ramon Zürcher, der mit seinem Spielfilm DAS MÄDCHEN UND DIE SPINNE im Juni 2021 seine internationale Premiere in der Reihe Encounters feiern wird.
ZUM FILM:
An einem Samstag im Herbst sind Karin und Simon bei ihren Eltern und der jüngsten Schwester Clara zu Besuch. Die Zusammenkunft der Familie ist Anlass für ein gemeinsames Abendessen, zu dem im Verlauf des Tages auch weitere Verwandte erscheinen. Während die Familienangehörigen die Wohnung mit ihren Gesprächen, Alltagshandlungen und Kochvorbereitungen beleben, streifen die Katze und der Hund durch die Räume. Auch sie werden zu einem zentralen Bestandteil dieses familiären Alltagsreigens, der immer wieder überhöhte Elemente aufweist, die einer naturalistischen Darstellungsweise entgegenwirken. So öffnen sich Nebenräume zwischen Familiendrama, Märchen und dem Psychogramm einer Mutter.
Ramon Zürcher entwirft eine wundersame Alltagswelt in einem Reigen von Familienszenen mit Hund und Katze in einer Berliner Altbauwohnung. Kommen und Gehen, Tun und Lassen, eine Bewegung zieht die nächste nach sich, ein Wort gibt das andere. Eine sorgfältig inszenierte Kettenreaktion von Handlungen und Sätzen. Dazwischen stumme Blicke und Nacherzählungen von Erlebtem. Die Personen agieren seltsam gleichmütig, ihre Dialoge sind direkt und nüchtern. Auch die Tiere und die materielle Wirklichkeit spielen eine Rolle. Gegenstände scheinen wie von Zauberhand belebt. Gewöhnliche Handgriffe und vertraute Objekte wirken in diesem narrativen Kosmos absurd und unheimlich. Wie der Film die Absurditäten des alltäglichen Lebens vorführt und das unspektakuläre Geschehen in eine aufregende Choreografie des Alltags überführt, das ist ein Kunststück.
REGIEKOMMENTAR RAMON ZÜRCHER:
Angestoßen wurde das Projekt im Rahmen eines Seminars an der Deutschen Film- und Fernsehakademie Berlin (dffb) mit dem Regisseur Béla Tarr. Es standen Texte von Kafka zur Auswahl, und ich entschied mich für „Die Verwandlung“. Es ging darum, eine literarische Vorlage sehr frei zu adaptieren und zu sehen, was für ein filmischer Kosmos daraus entstehen könnte. An „Die Verwandlung“ hat mich die Gegenüberstellung eines gewissermaßen asozialen Raums – des Schlafzimmers, in dem der Käfer liegt – und eines sozialen Raums – der Küche – interessiert. Der Kontrast zwischen der lebendigen, bewegten Küche und dem statischen Raum, in dem die Figuren schlafen, sich dem Leben entziehen, aber auch die Präsenz von Tieren und die Familienkonstellation, um die es geht – all dies waren Elemente, die mich an dem Text gereizt haben. Ich wusste auch, dass ich ein Kammerspiel machen wollte. Ansonsten hat der Film mit Kafkas Erzählung wenig zu tun. Es wäre absurd, von einer Verfilmung zu sprechen. In meinen letzten Kurzfilmen habe ich schon Dinge ausprobiert, die ich bei DAS MERKWÜRDIGE KÄTZCHEN wieder aufgegriffen habe: wenige Zeitsprünge bzw. eine Echtzeit-Choreografie und eine statische Kamera im Kontrast zu einer lebendigen, dynamischen Inszenierung. Ich wollte aber diesmal einen Langspielfilm machen, zumal ich bei meinen Kurzfilmen bisher oft das Gefühl hatte, filmische Skizzen zu entwerfen.
Mit dem Filmdebüt DAS MERKWÜRDIGE KÄTZCHEN von Ramon Zürcher beginnen wir unseren kleinen Schwerpunkt anlässlich der 71. Berlinale. Wir präsentieren in den nächsten Wochen im kino3 ältere Werke von Regisseur*innen, die auf der diesjährigen Berlinale mit ihren aktuellen Beiträgen vertreten sind. So auch Ramon Zürcher, der mit seinem Spielfilm DAS MÄDCHEN UND DIE SPINNE im Juni 2021 seine internationale Premiere in der Reihe Encounters feiern wird.
ZUM FILM:
An einem Samstag im Herbst sind Karin und Simon bei ihren Eltern und der jüngsten Schwester Clara zu Besuch. Die Zusammenkunft der Familie ist Anlass für ein gemeinsames Abendessen, zu dem im Verlauf des Tages auch weitere Verwandte erscheinen. Während die Familienangehörigen die Wohnung mit ihren Gesprächen, Alltagshandlungen und Kochvorbereitungen beleben, streifen die Katze und der Hund durch die Räume. Auch sie werden zu einem zentralen Bestandteil dieses familiären Alltagsreigens, der immer wieder überhöhte Elemente aufweist, die einer naturalistischen Darstellungsweise entgegenwirken. So öffnen sich Nebenräume zwischen Familiendrama, Märchen und dem Psychogramm einer Mutter.
Ramon Zürcher entwirft eine wundersame Alltagswelt in einem Reigen von Familienszenen mit Hund und Katze in einer Berliner Altbauwohnung. Kommen und Gehen, Tun und Lassen, eine Bewegung zieht die nächste nach sich, ein Wort gibt das andere. Eine sorgfältig inszenierte Kettenreaktion von Handlungen und Sätzen. Dazwischen stumme Blicke und Nacherzählungen von Erlebtem. Die Personen agieren seltsam gleichmütig, ihre Dialoge sind direkt und nüchtern. Auch die Tiere und die materielle Wirklichkeit spielen eine Rolle. Gegenstände scheinen wie von Zauberhand belebt. Gewöhnliche Handgriffe und vertraute Objekte wirken in diesem narrativen Kosmos absurd und unheimlich. Wie der Film die Absurditäten des alltäglichen Lebens vorführt und das unspektakuläre Geschehen in eine aufregende Choreografie des Alltags überführt, das ist ein Kunststück.
REGIEKOMMENTAR RAMON ZÜRCHER:
Angestoßen wurde das Projekt im Rahmen eines Seminars an der Deutschen Film- und Fernsehakademie Berlin (dffb) mit dem Regisseur Béla Tarr. Es standen Texte von Kafka zur Auswahl, und ich entschied mich für „Die Verwandlung“. Es ging darum, eine literarische Vorlage sehr frei zu adaptieren und zu sehen, was für ein filmischer Kosmos daraus entstehen könnte. An „Die Verwandlung“ hat mich die Gegenüberstellung eines gewissermaßen asozialen Raums – des Schlafzimmers, in dem der Käfer liegt – und eines sozialen Raums – der Küche – interessiert. Der Kontrast zwischen der lebendigen, bewegten Küche und dem statischen Raum, in dem die Figuren schlafen, sich dem Leben entziehen, aber auch die Präsenz von Tieren und die Familienkonstellation, um die es geht – all dies waren Elemente, die mich an dem Text gereizt haben. Ich wusste auch, dass ich ein Kammerspiel machen wollte. Ansonsten hat der Film mit Kafkas Erzählung wenig zu tun. Es wäre absurd, von einer Verfilmung zu sprechen. In meinen letzten Kurzfilmen habe ich schon Dinge ausprobiert, die ich bei DAS MERKWÜRDIGE KÄTZCHEN wieder aufgegriffen habe: wenige Zeitsprünge bzw. eine Echtzeit-Choreografie und eine statische Kamera im Kontrast zu einer lebendigen, dynamischen Inszenierung. Ich wollte aber diesmal einen Langspielfilm machen, zumal ich bei meinen Kurzfilmen bisher oft das Gefühl hatte, filmische Skizzen zu entwerfen.