Rojo - Wenn alle schweigen ist keiner unschuldig

Thriller/Mystery, Brasilien/Deutschland 2018

Nicht verfügbar
Präsentiert im Rahmen der 33. Lateinamerikafilmtage Benjamin Naishtats verstörender Paranoia-Thriller untersucht mit satirischen Spitzen das Verschwinden eines Mannes vor der Machtergreifung der Militärjunta in Argentinien und enthüllt das moralische Versagen, das die Mittelklasse befällt, und die Opfer ihrer gefühllosen Missachtung. Eine öde Kleinstadt in Argentinien, Mitte der 1970er-Jahre: Während eine noch nie da gewesene Welle politischer Gewalt das Land überrollt, geht hier alles seinen gewohnten Gang. Der angesehene Rechtsanwalt Dario führt mit seiner Frau und Tochter ein beschauliches Leben – bis er eines Abends in einem Restaurant mit einem fremden Mann in einen Streit mit dramatischen Folgen gerät. Trotz allem ist am nächsten Tag für Dario der Vorfall schon fast wieder vergessen. Doch dann taucht plötzlich ein Privatdetektiv auf und beginnt, unbequeme Fragen zu stellen ... Der Argentinier Benjamín Naishtat schildert in seinem mit Western- und Film-Noir-Elementen unterlegten Thriller beeindruckend elegant die lähmende Stimmung, die die argentinische Gesellschaft in den Vorwehen des Militärputschs von 1976 prägte. Er setzt dabei nicht nur auf parabelhaft starke Bilder, sondern auch auf das in kleinen Dingen des Alltags liegende Makabre, und nicht zuletzt auf die großartigen Pokerfaces, mit denen sich Hauptdarsteller Dario Grandinetti und Alfredo Cas ein subtiles Katz-und-Maus-Spiel liefern. Die geglückte Mischung aus bitterböser Satire und spannendem Noir-Thriller orientiert sich an den großen Arthouse-Klassikern der 1970er-Jahre und ist dabei so frisch wie eigenständig. ROJO fesselt vom ersten bis zum letzten Bild: eine-hypnotische Kino-Perle. Benjamín Naishtat war mit seinen Filmen „HISTORIA DEL MIEDO, EL JUEGO und EL MOVIEMIENTO zu Gast an den renommierten Festivals von Cannes, Berlin und Locarno. Mit dem mehrfach ausgezeichneten ROJO festigte er seinen Ruf als aufregend-neue Stimme des argentinischen Kinos. REGIEKOMMENTAR BENJAMÍN NAISHTAT: Geschichte ist kein Foto, das stillsteht und von dem wir uns entfernen. Sie ist eine dynamische, nachklingende Größe. Heute ist das in Argentinien sehr deutlich, wo die Geschichte lebendig ist und in den Menschen widerhallt. Deshalb ist es wichtig, diese Geschichte lebendig zu halten, aber auch eine Relevanz für die Gegenwart zu bewahren – was dieser Film versucht: über die Apathie der Menschen zu sprechen, wenn um sie herum ernste Dinge geschehen und sie woanders hinsehen. In den 1970er-Jahren gab es in Argentinien einen Genozid: Mehr als 30.000 Menschen verschwanden. Es sind verschiedene Filme über diese Zeit gemacht worden, aber ROJO richtet den Fokus auf die Komplizenschaft der Gesellschaft, etwas, das auch in Spanien mit der Franco-Ära und den versteckten Massengräbern diskutiert wird. Es gibt bei der sozialen und kulturellen Komplizenschaft unmittelbare Faktoren, aber auch bestimmte notwendige Voraussetzungen, die komplexer und kontroverser zu behandeln sind – aber ich denke, es ist umso wichtiger, dass wir das tun, denn sonst erscheint Geschichte wie etwas, das anderen Leuten passiert. ROJO erzählt im Grunde die Geschichte einer Gemeinschaft, die sich weigert, das Ausmaß, in dem sie sich mit einem Zustand des Terrors abgefunden hat, anzuerkennen. Man kann diese Situation auf die Komplizenschaft im besetzten Frankreich übertragen, auf die Behandlung von Migranten im heutigen Amerika und so weiter. Der Film kommentiert auch zeitgenössische Sachverhalte. Im Hinblick auf den aktuellen argentinischen Kontext trifft der Film auf eine Zeit, in der die rechte Regierung von Mauricio Macri systematisch versucht hat, die öffentliche Menschenrechtspolitik zu untergraben. Seine Regierung versuchte, ein Gesetz zu verabschieden, um viele der ehemaligen Militärs freizulassen, die derzeit für den während der letzten Diktatur (1976-1983) begangenen Völkermord einsitzen. Regierungsbeamte haben öffentlich Zweifel an der offiziellen Zahl der Verschwundenen aus dieser Zeit geäußert, und Macri selbst hat behauptet, keine Ahnung von den genauen Zahlen zu haben. Auf der anderen Seite haben sie wenig getan, um die verschiedenen Strukturen zu erhalten, die die Aufgabe haben, ein Bewusstsein dafür zu schaffen, dass sich solche Ereignisse niemals wiederholen, wie zum Beispiel das Centro Cultural Haroldo Conti, das in der ehemaligen Escuela de Mecánica de la Armada (ESMA) eingerichtet wurde. [Anmerkung: Während der Militärdiktatur von 1976 bis 1983 war die ESMA gleichzeitig ein Geheimgefängnis und das größte Folterzentrum des Landes.] Aus technischer Sicht waren die 1970er Jahre eine blühende Zeit der Erneuerung im Film. Leichtere Kameras und Griffe sowie Zoom und lichtstärkere Optiken veränderten viel am Prozess des Drehens. Bei ROJO haben wir zusammen mit dem wunderbaren brasilianischen Kameramann Pedro Sotero versucht, viel von der technischen Herangehensweise jener Jahre nachzuahmen. Was die Handlung und das Tempo des Schnitts und der Musik angeht, waren eine Reihe von Politthrillern der damaligen Zeit wichtige Referenzen. Filme wie THE CONVERSATION (Coppola), NETWORK (Lumet) und Autorenfilmer wie Costa Gavras und Elio Petri dienten als Inspiration.
Sprache:
Spanisch
Untertitel:
Deutsch

Weitere Informationen

Kamera:

Pedro Sotero

Besetzung:

Darío Grandinetti (Claudio)

Andrea Frigerio (Susana)

Alfredo Castro (Detective Sinclair)

Laura Grandinetti (Paula)

Claudio Martínez Bel (Vivas)

Originaltitel:

Rojo

Originalsprache:

Spanisch

Format:

1,85:1 HD, Farbe

Altersempfehlung:

Ab 16 Jahren

Altersfreigabe:

FSK 12

Sprache:

Spanisch

Untertitel:

Deutsch

Weiterführende Links:

IMDb

The Movie Database