Jim Jarmusch

* 1953 Cuyahoga Falls, Ohio, USA
JIM JARMUSCH – IT’S A SAD AND BEAUTIFUL WORLD Es ist eine traurige und schöne Welt – so Roberto Benigni als italienischer Tourist in DOWN BY LAW, der mangels weiterer Sprachkenntnisse immer wieder das Selbe von sich gibt. Traurig, schön und zugleich sehr einfach ist die Welt der Jim-Jarmusch-Anti-Helden. Es sind Randfiguren, die sich in einem Durcheinander verfaulender Kulturen bewegen. Sie erscheinen wie abgekoppelt von den dominanten Werten beruflichen Erfolgs oder sozialen Aufstiegs. „Mich hat schon immer mehr interessiert,“ so Jarmusch „was sich am Rand abspielt, nicht im Mainstream.“ Amerika ein Schmelztiegel? Das Bild einer Salatschüssel erscheint Jarmusch treffender und die Menschen darin sind ironisch gebrochene, desillusionierte und extrem individualistische Marginale. Diese Position bestimmt ihren Blick – und den der Filme. Es sind Aussteiger, Drifter, Ausländer, Zuhälter, DJs, Exilanten und Mörder. Jim Jarmuschs Filmwelt ist voller Zynismus, wobei sich Komisches, Banales und Tragisches zu einer Einheit vermischt, die ebenso witzig und ernst ist, wie das Leben selbst. Der 1953 in Akron, Ohio, geborene Jim Jarmusch ist schon in seiner frühesten Jugend in den Genuss des Kinoerlebnisses gekommen. Zu seinen ersten Kinoerfahrungen gehören vor allem B-Movies, wie BLOB – DAS SCHRECKEN OHNE NAMEN, aber auch Filme mit Robert Mitchum wie DIE NACHT DES JÄGERS. „Zuvor wusste ich nicht,“ so Jarmusch, „dass Filme so gefährlich und verführerisch sein konnten“. Später reiste er nach Paris und entdeckte das Weltkino in der Cinémathèque Française: „dort habe ich Sachen gesehen, von denen ich bis dahin nur gehört hatte, Filme der Japaner wie Imamura, Ozu, Mizoguchi. Auch Filme der europäischen Regisseure wie Bresson und Dreyer, und sogar amerikanische Filme, zum Beispiel eine Retrospektive von Samuel Fuller.“ Im Anschluss an seine Paris-Odyssee bewarb sich Jamusch bei der angesehenen „Graduate Departement of Film Studies“ an der New York University (NYU), wo er prompt genommen wurde. Je mehr Jarmusch lernte, wie das Filmemachen funktioniert, desto klarer wurde ihm, dass er das wirklich machen wollte. Ermutigt von seinem Lehrer Nicholas Ray entschied sich Jarmusch tatsächlich für den Weg des Filmemachers. „Nick gab mir auf den Weg“, so Jarmusch, „dass man, wenn man Filme machen will, nicht groß herumreden soll. Leg los, mach ihn!“ Und so legte Jarmusch zwei Wochen nach Nicks Tod los, und drehte seinen ersten Film PERMANENT VACATION, mit dem Jarmusch in Europa einen gewissen Kultstatus erreichte, in Amerika aber kaum beachtet wurde. Bereits 1981 begann Jarmusch an dem Drehbuch für einen Kurzfilm zu arbeiten, der dann als THE NEW WOLRD Teil seines zweiten langen Films STRANGER THAN PARADISE wurde, für den Jarmusch 1984 die Caméra d’or in Cannes erhielt. STRANGER THAN PARADISE machte ihn zur Symbolfigur des amerikanischen Independent-Films. Er beanspruchte und setzte die totale kreative Kontrolle bei seiner Arbeit durch. Natürlich bekam er viele Angebote von Hollywood, doch ließ er sich weder locken, noch kaufen: „Ich habe das Glück, dass mich alles was mir Hollywood anbieten könnte, nicht reizt. Warum also soll ich mich in diese Mühle begeben?“ Parallel zu Jarmuschs Karriere entwickelte sich „Independent“ zu einem Begriff, dessen Bedeutungs- und Klangaura sich sowohl auf der thematischen wie der stilistischen und ökonomischen Ebene angesiedelt hat. 1989 aber, dem Jahr, als mit dem triumphalen Auftauchen von Spike Lee (DO THE RIGHT THING), Steven Sonderbergh (SEX, LIES AND VIDEOTAPE) und Jim Jarmuschs MYSTERY TRAIN beim Festival in Cannes sogar das Branchenblatt Variety das internationale Coming-out der „Indies“ proklamierte und die Süddeutsche Zeitung „die Kraft der Außenseiter und den Misserfolg Hollywoods“ feierte, brachte Jim Jarmusch als erster auch die Gefahr der Vernutzung des Wortes ins Spiel. „Dieses ganze Gerede ums Independent-Kino macht mich nur noch perplex. Ich weiß nicht mehr was das bedeutet. Der Begriff stand einmal dafür, dass man kleine Filme machen konnte, ohne dass sich Leute einmischten, für die Film in erster Linie ein Durchlauferhitzer für Geld ist. [...] Ich sehe Leute, die für 500.000 Dollar einen Film machen, dabei einen Produzenten haben und freiwillig Leute akzeptieren, die ihnen sagen, dass sie das Drehbuch ändern sollen, wer eine Rolle spielen muss und dass man Sequenzen so oder so schneidet. [...] Ich weiß wirklich nicht mehr was dieses Wort bedeutet.“