Seijun Suzuki

* 1923 Nihonbashi, Tokyo, Japan | † 2017
Der Regisseur, Autor, Produzent und Schauspieler Seijun Suzuki gilt in der japanischen Filmgeschichte als experimentierfreudiger Anarchist, der bis heute mit seiner einzigartigen Farbästhetik und seinen eigenwilligen Bildrhythmen eine große Faszination auf das Publikum ausübt. Die in seiner Glanzzeit von 1963 bis 1967 entstandenen Gangster-(Yakuza-)Filme, die er mit dem Filmstudio Nikkatsu realisierte, zählen zu den bemerkenswertesten ihres Genres und zeigen einen unverwechselbaren Stil, der auch Regisseure außerhalb Japans inspiriert hat, darunter Jim Jarmusch und Quentin Tarantino. Wenn man von japanischen B-Filmen spricht, meint man meist die Werke von Suzuki Seijun, dem exzentrischen Visionär. Für Suzuki Seitarō – wie der 1923 in Tōkyō Geborene ursprünglich hieß – ist das Leben primär absurd. Zumindest war das die Kernerfahrung, die er als Soldat im Asiatisch-Pazifischen Krieg gemacht hatte. Ein Erlebnis aus jenen Jahren, das seine Weltsicht prägte, war die Versenkung eines Schiffs, auf dem er sich befand. Als verspätetes Geisteskind der Taishō-Ära (1912–1926) war er mit den nihilistischen Antihelden der Filme Itō Daisukes und den Romanen Nakazato Kaisans aufgewachsen, beides frühe Einflüsse, auf die er wiederholt verwies. 1946 fiel er durch die Aufnahmeprüfung der renommierten Tôkyô-Universität und bewarb sich auf Empfehlung eines Freundes um die Stelle eines Regieassistenten bei der Produktionsgesellschaft Shôchiku, wo er kurze Zeit später eine Festanstellung erhielt. 1954 erfolgte der Wechsel zum gerade wieder neu eröffneten Nikkatsu-Studio, wo Suzuki zwei Jahre später sein Regie-Debüt gab und 1963 schließlich den Durchbruch schaffte. Damit war der Grundstein für eine wechselvolle Zeit gelegt, in der Suzuki pro Jahr drei bis vier meist günstig produzierte Studiofilme schuf und seinen Ruf als Enfant terrible festigte. Suzukis Lust am Regelbruch stieß bei Nikkatsu immer mehr auf Ungnade und trug ihm 1967 den Vorwurf ein, er habe die Grenzen überschritten und würde für das normale Publikum „unverständliche“ Filme produzieren. Die schwierige finanzielle Situation als Begründung nutzend, entließ das Studio daraufhin Suzuki. Erst nach zehn Jahren konnte Suzuki wieder für das Kino arbeiten. Im Rahmen dieses Spätwerks entstand u.a. die sogenannte Taishō-Trilogie ZIGEUNERWEISEN, KAGEROZA und YUMEJI (1980–1991) – Träumereien in Zelluloid, von einem freien Mann, der sich allein seinen ästhetischen Gelüsten hingab; so entstand ein dekadent-formalistisches Kino, das zu entdecken nun endlich die Möglichkeit besteht. Filmografie (Auswahl): 1956: Minato no kanpai: Shôri o wagate ni (Harbour Toast: Victory in my Hands) 1956: Akuma no machi (Satan`s Town) 1957: Hachijikan no kyôfu (Eight Hours of Fear) 1958: Ankokugai no bijo (Underworld Beauty) 1958: Fumi hazu shita haru (The Boy Who Made Good) 1959: Raburetâ (Love Letter) 1959: Ankoku no ryôken (Passport to Darkness) 1959: Happadaka no nenrei (Naked Age) 1960: Kutabare gurentai (Death to Punks) 1960: Jûsango taihisen, yori, Sono gosôsha o nerae (Take Aim at the Police Van) 1960: Kemono no nemuri (The Sleeping Beast Within) 1960: Mikkô o rain (Smashing the O-Line) 1960: Subete ga kurutteru (The Precipice) 1961: Kaikyô, chi ni somete (Blood-Red Channel) 1962: Haitîn yakuza (Teenage Yakuza) 1963: Tantei jimusho 23, Kutabare akutô domo (Down With Wicked) 1963: Akutarô (The Young Rebel) 1963: Yajû no seishun (Youth of the Beast) 1963: Kantô mushuku (Kanto Wanderer) 1964: Hana to dotô (Flowers & Rage) 1964: Nikutai no mon (Gate of Flesh) 1964: Oretachi no chi ga yurusanai (Our Blood Will Not Forgive) 1965: Shunpu den (Story of a Prostitute) 1965: Akutarô den: Warui hoshi no shita demo (Born Under Crossed Stars) 1965: Irezumi ichidai (Tatooed Life) 1966: Tôkyô monogatari (Tokyo Drifter) 1966: Kenka eregî (Fighting Elegy) 1966: Kawachi Karumen (Carmen from Kawachi) 1967: Koroshi no rakuin (Branded to Kill) 1977: Hishû monogatari (A Tale of Sorrow and Sadness) 1980: Tsigoineruwaizen (Zigeunerweisen) 1981: Kagerô za (Heat Shimmer Theater) 1985: Kapone ôini naku (Kaiemon) 1991: Yumeji (Yumeji) 2001: Pisutoru opera (Pistol Opera)